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Äpfel aus Neuseeland, Kartoffeln aus Ägypten, Nüsse aus den USA: Wir haben uns daran gewöhnt, Erzeugnisse aus der ganzen Welt in unseren Supermarktregalen zu finden – zu jeder Jahreszeit. Doch dieses System hat Schwachstellen: Die Ware muss mit dem Flugzeug, Schiff oder LKW transportiert werden, ein großer Teil des frischen Obsts und Gemüses verdirbt auf diesem Weg. Für die Verbraucher/innen ist kaum nachvollziehbar, wie und unter welchen Bedingungen es bearbeitet wurde. Die Ausrichtung auf den Export macht zudem viele lokale Märkte der Welt kaputt. Weil sich die Industrieländer daran gewöhnt haben, Waren einzuführen, können viele von ihnen schon nicht mehr ihren Eigenbedarf decken – sie sind vom Import abhängig. Besonders verwundbar sind große Städte – auch in Europa. Der Agrarwissenschaftler Wilfried Bommert weist in seinem Buch „Brot und Backstein“ darauf hin, dass die Lebensmittelvorräte von Städten wie Berlin oder London drei Tage ausreichen würden, sollte der Nachschub einmal ausfallen. Die Folgen einer solchen Situation sind kaum vorstellbar. In vielen Städten der Welt gibt es deshalb eine Gegenbewegung zu den globalisierten Nahrungsmittelmärkten: Die Städter/innen bauen ihr Gemüse und Obst selbst und gemeinsam an: „Urban Gardening“ – das Gärtnern in der Stadt – boomt, in ganz unterschiedlichen Formen: In den dicht bewohnten Städten der Entwicklungsund Schwellenländer ist der Anbau für den Eigenbedarf teilweise lebensnotwendig. Durch städtische Landwirtschaft verschaffen sich die Menschen dort zusätzliches Einkommen und verbessern ihre Ernährung. In wohlhabenderen Gegenden steht dagegen häufig der Wunsch nach mehr Kontakt zur Natur und zu anderen Menschen im Vordergrund. Gegärtnert wird auf dem Balkon, im Hinterhof, in der Kleingartensiedlung oder in einem der zahlreichen Gemeinschaftsgärten, die gerade in vielen Städten aus dem Boden sprießen. Und die sind vor allem Experimentierfelder: Hier kommen die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um gemeinsam Gemüse, Kräuter, Obst oder Blumen anzubauen. Die Gärten werden häufig auf städtischen Brachflächen errichtet – wie zum Beispiel die Prinzessinnen-Gärten in Berlin (www.urbaneoasen.de) oder das Projekt "GemeinSinnschafftGarten" in Bottrop (www.fhdortmund. de/de/news/2015/05/gemeinsinnschafft gartenfoerderung.php). Dabei kann jede/r mitmachen, geerntet wird gemeinsam und alle lernen voneinander. Viele wollen auf diese Weise auch ein politisches Zeichen setzen: für mehr Natur in der Stadt, mehr Mitbestimmung und mehr Möglichkeiten, die eigene Stadt mitzugestalten.
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Einige Städte wollen gleich zu ganzen „essbaren Städten“ werden. Im Film wurde die Geburtsstadt dieses Modells vorgestellt: Die englische Stadt Todmorden mit ihrer „Incredible edible“ (= unglaublich essbar) Initiative. Auf öffentlichen Grünflächen findet man hier keine Blumen-, sondern Obst- und Gemüsebeete. Die Bürger/innen helfen bei der Pflege und jede/r darf frei ernten. In Deutschland waren Minden und Andernach die ersten Städte, die dieses Konzept nachgemacht haben – und es werden immer mehr. Für diejenigen, die sich den eigenen Anbau nicht ganz zutrauen, gibt es auch immer häufiger so genannte Selbsterntefelder: Ökologisch ausgerichtete Landwirte vermieten für jeweils einen Sommer ein Stück stadtnahen Acker, den sie mit unterschiedlichen Gemüsesorten vorbepflanzt haben. Sie stehen den Mietern/innen mit Rat und Geräten zur Seite, pflegen und ernten müssen diese aber selbst. Doch: Ist Gemüse aus der Stadt eigentlich gesund? Was ist mit all den Abgasen und Industrierückständen? Untersuchungen zu diesen Fragen von Ina Säumel vom Institut für Ökologie an der TU Berlin zeigen, dass Gemüse, das in der Stadt angebaut wird, tatsächlich zum Teil mit Schwermetallen belastet ist – je näher Gemüsebeete an stark befahrenen Straßen liegen, desto stärker. Sie haben aber auch festgestellt, dass bereits dichte Hecken oder ein Abstand von mindestens zehn Metern zur nächsten Straße die Schwermetallwerte stark verringern konnten. In den meisten Gemeinschaftsgärten wird deshalb in Hochbeeten gegärtnert – am liebsten aus recycelten Materialien.