Zur Konzeption der Aufgabe
Aufgabe 5) dient dazu, den besonderen Dokumentarfilmstil von GÖTTLICHE LAGE wahrzunehmen und zu untersuchen. Das zunächst auffälligste Merkmal ist der weite zeitliche Rahmen, in dem der Film das Geschehen beobachtet. Der Verlauf der Zeit und die umfassenden Veränderungen werden zum einen durch die Gespräche deutlich. Zum anderen werden sie sehr effektvoll durch häufige Einstellungen im Zeitraffer unterstützt, vor allem in der Beobachtung der gigantischen Baustelle. Lange Einstellungen sind aber auch in anderen dokumentarischen Elementen des Films vorzufinden, etwa in den Gesprächssituationen oder wenn die Kamera die Protagonisten/innen bei ihren alltäglichen Handlungen begleitet. Dabei zeichnet sich der Film durch einen sehr genauen Blick aus, der zugleich einen großen Freiraum lässt: Die Situationen können sich in ihrer eigenen Dynamik entfalten, es wird offenbar nicht redaktionell eingegriffen und gelenkt. Entscheidend ist hier der Einsatz einer Handkamera, aber auch, dass sich ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen den Portraitierten und den Filmemacher/innen entwickelt zu haben scheint. In dieser Machart nähert sich GÖTTLICHE LAGE dem dokumentarischen Stil des „Direct Cinema“ an, einer Dokumentarfilmschule, die sich eines Urteils enthalten und den Moment einfangen will, ohne zu bewerten. Bei genauerer Betrachtung lässt sich in GÖTTLICHE LAGE jedoch erkennen, wie eine kritische Haltung der Filmemacher/innen durchscheint. Vor allem die Wahl der Einstellungen und der Interviewausschnitte, ebenso wie die Schnitttechnik, legen die Kritik an den sozialen und städtebaulichen Prozessen offen.
Über die Beschäftigung mit den Stilmitteln des Dokumentarfilms hinaus soll diese Aufgabe dazu führen, den Schüler/innen zunächst allgemein ein Bewusstsein für die Verantwortlichen hinter der Kamera, das heißt für Regisseure/innen, Redakteure/innen und Produzenten/innen zu vermitteln. Ziel ist dabei auch, die spezielle Haltung der Filmemacher/innen von GÖTTLICHE LAGE zu identifizieren und zu verstehen, wie diese durch die filmischen Mittel zum Ausdruck gebracht wird. Dies soll schließlich dazu führen, dass die Schüler/innen über die grundsätzliche Frage der Rolle von Dokumentarfilmern/ innen diskutieren.
Methodisch didaktische Anmerkungen:
Die Form der Gruppenarbeit kann nicht nur sehr motivierend sein; sie ermöglicht den Schüler/innen hier vor allem, den Film „aus den Augen der Anderen“ zu betrachten: Jede Zuschauerin oder jeder Zuschauer sieht und begutachtet einen Film vor dem Hintergrund seiner persönlichen Erfahrungen. Innerhalb der Gruppe tragen die Schüler/innen ihre Beobachtungen und Einschätzungen zusammen. Indem sie diese zu einem gemeinsamen Ergebnis zusammenfassen müssen, werden sie in ihrer Kooperationsfähigkeit gefordert und gefördert. Die Darstellung des Erarbeiteten vertieft diese Erfahrung und hat den zusätzlichen Effekt, das Präsentieren zu üben.