
Zu Arbeitsblatt 3: Der wundersame blaue Tiger und die Kraft der Fantasie (Filmnachbereitung)
Zur Konzeption der Aufgaben 3 und 4:
Die Kreativität und die tröstende oder gar heilsame Kraft der Fantasie sind wichtige Themen des Films. Indem er konsequent die kindliche Perspektive einnimmt, gelingt es ihm zu vermitteln, welche bedeutende und auch selbstverständliche Rolle Fantasie im Leben der Kinder hat. Johanna imaginiert sich nicht nur eine bessere Welt; ihre Fantasiefähigkeit dient ihr oftmals ganz konkret dazu, mit schwierigen Situationen umzugehen, sich stärker zu fühlen und handeln zu können. So erlebt sie zum einen, wie sich durch ihre Vorstellungskraft wundersame Verwandlungen vollziehen, zum anderen wie sie sich gerade auf diese Weise besser in der Realität zurechtfnden kann.
Ziel der Aufgaben ist es zunächst, das kindliche Publikum für diese Thematik und zugleich für die besondere, poetische Bildsprache als kongeniales Ausdrucksmittel dessen zu sensibilisieren. So fndet DER BLAUE TIGER ganz eigene Bilder dafür, das Changieren zwischen Fantasie und Realität zu demonstrieren und mit der Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit des Tigers zu spielen. Dabei dient das Tier als Vehikel, über das von der Kraft der Imagination erzählt wird. Sich dieser Symbolik und deren bildsprachlichen Umsetzung auf altersgerechte Weise anzunähern zählt ebenso zu der Zielsetzung der Aufgaben. Darüber hinaus sollen die Fragestellungen die Aufmerksamkeit der Kinder auf das Thema der Manipulation der Menschen lenken, beziehungsweise auf die Möglichkeit, eigene Wege zu gehen: Denn während sich die Erwachsenen von ihrer Angst leiten lassen und sich den Plänen des Bürgermeisters ohne Widerstand unterordnen, bewahren sich die Kinder Klarsicht und Mut – als zentrale Eigenschaften, die ihnen bei der Wahrnehmung und Gestaltung ihrer unmittelbaren Umgebung hilfreich sind.
Methodisch didaktische Anmerkungen:
Die gemeinsamen Überlegungen im Klassenplenum fördern die Fähigkeit, einander zuzuhören, die Beobachtungen und Meinungen Anderer zu integrieren und schließlich zu gemeinsamen Erkenntnissen zu kommen. Eine sinnlich erfahrbare Auseinandersetzung mit narrativen und ästhetischen Aspekten des Films fndet über die Aufgabenstellung statt, selbst kreativ zu werden und der Erinnerung von Filmbildern in Form von eigenen Zeichnungen oder Gemälden künstlerischen Ausdruck zu verleihen – so wie auch Johanna ihr Leben zeichnend meistert. Neben der Wertschätzung und Förderung der eigenen Fantasiefähigkeit der Kinder kann sich in der ruhigen, auf sich selbst konzentrierten Arbeit ein ausgleichender Effekt zu der Diskussion in der Großgruppe entfalten und somit die Refexion des Filminhalts und der Bildsprache vertieft werden.
Zu Arbeitsblatt 4: Zweimal Stadt(er-)leben (Filmnachbereitung)
Zur Konzeption der Aufgabe:
Der Botanische Garten ist wie eine Insel, mitten in der lauten Stadt. Für Johanna, Mathias und die anderen Bewohner/innen des Geländes, ist es wie ein Paradies. Aber auch außerhalb des Gartens haben die Kinder einen besonderen Blick auf die Welt und bewegen sich in ihr auf eigene, beinahe anarchische Weise. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Szene ihres Schulwegs, während dem sie „Tier-Suchen“ spielen und Johanna aus dem Bürgermeister (auf einem Plakat) einen Ziegenbock macht. Tatsächlich nutzen die Kinder den städtischen Raum außerhalb des Gartens wie einen Spielplatz. So haben sie etwa einen Sandhügel hinter einer Mauer zu ihrem Geheimplatz auserkoren, an den sie sich zum Nachdenken zurückziehen. Auffallend ist, dass ihre eigene Welt, dort, wo sie frei und lebendig sein können, immer in Verbindung mit der Natur steht oder aber eine Geschichte, eine Vergangenheit hat – so wie der Botanische Garten, der von Matthias Vorfahren gegründet wurde. Und so wie Johanna ein „wildes“ Mädchen ist, ist auch der Tiger ein unbeugsamer Charakter, der „jede Menge Unsinn“ macht, wie Johanna es einmal sagt. Sehr gut sichtbar ist diese liebenswert-chaotische Prägung, die für freiheitliches Denken, Kreativität und Warmherzigkeit steht, auf der Ebene des Setdesigns: Die Welt der Kinder und des alten Gartens ist bunt und voller Requisiten in völliger Unordnung, die jedoch wunderbar kreativ genutzt werden. In starkem Kontrast dazu steht die Zukunftsvision, wie sie Bürgermeister Nörgel von der Stadt entwirft und die er mit aller Macht und Brutalität umzusetzen versucht. Seine Vorstellung eines idealen städtischen Raums ist von Ordnung, puristischer Strenge und Künstlichkeit geprägt und erscheint als Inbegriff von Modernität und Fortschritt – jedoch auch von Kühle und Unfreiheit. Die Aufgabe soll die Schüler/innen dazu anregen, die unterschiedlichen Stadtwelten beziehungsweise das doppelte Stadtleben, das in diesem Film parallel existiert und in Konkurrenz zueinander steht, genauer zu betrachten und in ihren Eigenheiten wahrzunehmen. In einem nächsten Schritt geht es darum, ein erstes Bewusstsein für flmische Motive, ihre Inszenierung und Wirkungsweise, für Figurenkonzeptionen und dramaturgische Muster zu entwickeln.
Methodisch didaktische Anmerkungen:
In der Kombination aus Gruppenarbeit und Diskussionsrunde innerhalb der Klassengemeinschaft proftieren die Schüler/innen von den jeweiligen Bedingungen: Während sich manche Kinder eher in kleiner Runde trauen, eigene Ideen vorzubringen, werden andere durch die größere Zuhörerschaft der Klasse motiviert. In beiden Fällen wird Kooperationsbereitschaft gefordert und gefördert. Die Fragen, die sich an die Gruppenarbeit anschließen, zielen zudem darauf ab, die Schüler/innen in ihrer eigenen Urteilsbildung zu unterstützen. Zugleich regen sie an, den Film und seine Erzählmotive aus einer Metaebene, das heißt über das unmittelbare Filmerleben hinaus, zu beurteilen.